Dienstag, 2. Juli 2013

Löwenreiten

Patrol in den wilden Ramu

Die Jugendgruppe
Ich war vom Sonntag, den 09.06, bis Freitag 14.06 mit Pastor Verena Hellfritsch im Ramu auf Patrol. Dort habe ich viele Abenteuer erlebt. Mit einer Gruppe Jugendlicher aus Assaroka sind wir mit dem Gepäck über dem Kopf durch reißende Flüsse gewartet, haben uns durch Sümpfe geschlagen, sind auf Berge geklettert und durch endlose Riesengras-Savannen und Djungel gewandert. Wir haben den wilden Ramu gesehen und ich bin noch einmal ganz nahe an das ursprüngliche Neuguinea in der Steinzeit gekommen. Ohne Elektrizität und häufig ohne sauberes Wasser leben dort im abgelegenen Buschland viele Menschen wie in der Steinzeit nur eine Tageswanderung von der Ramu-Sugar-Fabrik entfernt.
Ziel der Patrol war es noch einmal die abgelegenen Dörfer im Ramu zu besuchen, die zum Assaroka-Seket, also dem Kirchenkreis Assaroka gehören. Hier in PNG kann man das nicht in einem Nachmittag mit dem Auto, oder dem Zug machen, sondern man muss sich die Wanderschuhe schnüren und sich auf eine Reise durch Raum und Zeit, im wahrsten Sinne des Wortes, einlassen.
Pastor Kegi und ich auf dem Laster 
Dazu hat Assaroka drei Gruppen zusammengestellte, alle haben einen Pastor dabei und ein Paar Sonntagsschullehrer, oder Kirchenjugendliche, die den Pastor bei den Andachten und Gottesdiensten im Bush unterstützten. Dann ging es dem Kirchen- (Klein-) LKW und mit Gitarre und Bilum auf in den Ramu. Ich durfte mit Verena in einer Gruppe mitlaufen, die am weitesten in den Bush aufbrach. Für Verena war es die letzte Patrol und für mich kann es gar nicht tief genug in den Busch gehen.
Wir alle, Pastoren, Lehrer, Jugendliche, Frauenarbeiterinnen und Mamas trafen uns um 13:00 Uhr am LKW, fahren noch für ein paar Gitarrenseiten und Lebensmittelspenden in Goroka einkaufen, aber dann ging es los. Ich selbst trug nur das Nötigste und meine Mitbringsel: Seife, Öl, Salz, Bonbongs in meinem Wanderrucksack, aber die Neuguinis haben meistens nur eine Umhängetasche mit einem Wechselshirt und einem Hemd für die Gottesdienste und eine Gitarre dabei. Die Stimmung ist ausgelassen. Es wird die ganze Fahrt auf der offenen Ladefläche des LKW gesungen. Alle sitzen zusammengedrängt wie Legehännen, aber alle haben Spaß.
Um Etwa 18:00 kommen wir von den Highlands in die Ramu-Ebene runter. Dort erwartet uns eine Polizei Barrikade. „Halt! Hier anhalten. Kontrolle!“ Die Polizisten sind mit Maschinengewehren und Granatwerfern bewaffnet. Jede Antiterroreinheit wäre Stolz auf das Asenal. Sie sehen aber gelassen aus, wie sie da cool am Auto lehnten und Rauchen oder Betelnuss kauen. Trotzdem sollen wir anhalten. Verena steht auf, begrüßt sie und erklärt wo wir hinwollen. Die Polizisten kooperiren sofort. Sie Räumen die Straße und sagen wegen dem Platten reifen am LKW nur, dass wir den mal reparieren sollen. Kein Bußgeld? Das habe ich aber auch schon anders erlebt. Aber der Ruf der Hellfritschens und generell der Missionare in PNG ist gut. Man erinnert sich noch daran wie es vor fünfzig Jahren war und rechnet den Missionaren die Hilfen jeder Art hoch an. Wenig später kommen wir in unserem Ausgangsdorf an.
Auf dem Weg haben wir noch Pastor Kegi und Pasorin Selina in verschiedenen Dörfern abgesetzt und nun können auch wir erst mal unsere Rucksäcke und Taschen in ein kleines Bambushaus werfen. Es steht auf Stelzen, denn im Ramu sind Überflutungen nicht selten. Erst Ostern gab es eine sehr verheerende Flut, wie mir die Dorfleute später beim Essen erzählen. Es gibt einfaches Essen. Kaukau (Süßkartoffel) mit Taro (so etwas wie Süßkartoffel, aber irgendwie mit viel mehr Stärke, sodass sie Außen schleimig ist) in Kokoswasser gekocht mit Blattgemüse. Das wird das Hauptessen der Woche werden, denn Neuguinis im Busch haben keinen Thunfisch in Dosen oder Spagetti, sie leben von dem, was sie in den Gärten anbauen (Und an der Küste gibt es nicht viel anzubauen, man lebt von Kokos, Fisch (wenn man ihn bekommt), Kaukau, Taro und ein-zwei Blattgemüse und Obst, mehr gibt es fast wirklich nicht!
Am nächsten Morgen geht es, dank des Drängens von uns Weißen früh um 7:00 Uhr los. Wir wollen den Ramufluss nicht in der Mittagshitze überqueren. Es ist zwar noch früh, aber es sind immerhin schon dreißig Grad, als wir mit unserer Gruppe am Ramufluss ankommen. Die Neuguinis sind unbesorgt, das Wasser ist nicht „REIßEND“, sondern nur reißend. Es geht mir bis zur Brust und so heben wir das Gepäck über die Köpfe und hoffen, dass wir nicht bis nach Madang gespühlt werden. Ich kämpfe mit dem Wasser. Einmal droht es mir fast die Beine wegzureißen. Mein Kopf taucht kurz unter, aber wie durch ein wunder finden meine Füße wieder den steinigen Boden und rennen mit dem Wasser mit. Ich komme mit trockenem Rucksack an das andere Ufer. Der Wasserdruck drückt einen bei jedem Schritt vor, zehn Schritte Flusabwärts. Und bei seiner Geschätzten breite von fast einhundert Metern kommen wir ein ganz gutes Stück hinter unserer Einstiegsmarke an. Wir helfen noch anderen, dann satteln wir wieder auf und wandern durch den Busch immer weiter ins Tiefe Herz des Ramus.
Bild der Zerstörung, Neuguinis verbrennen Treibholz, um Platz für Hütten zu machen
Den Vormittag über schlagen wir uns durch Riesengras-Savannen und durch einen großen Sumpf, in dem es vor Moskitos nur so wimmelt. Wir sinken knietief in den weichen, viel zu warmen Sumpf und balancieren auf schlüpfrigen Baumstämmen über Sümpfbäche. Zu trinken finden wir immer wieder an klaren Bächen, wenn die Neuguinis sagen, dass es trinkbar ist, oder aus den Mitgebrachten Kulau-Kokosnüssen, das sind die jungen, grünen Kokosnüsse, die noch wässrig-süß schmecken, nicht wie die Braunen, die man in Deutschland bekommt. Wir begegnen ein Paar Männern, die große Kaffeesäcke durch den Sumpf zum Markt bringen. Sie sind schon früh am Tag los uns wollen mit den Säcken noch den Ramu überqueren. Der Sack mit etwa 60Kg Kaffee kostet dann auf dem Markt 350-370K ( in Euro durch ca. 2,7). Um die Mittagszeit kommen wir in einem kleinem Dorf an. Es steht auf einem Hügel im Sumpf und ist schattig unter Kokospalmen gelegen. Die Dorfleute bleiben auf Abstand. Das ist anders als in den Highlands. Dort wäre man stürmisch Begrüßt worden und zu einer Sau aus dem Erdofen oder wenigstens zu einer Tasse Tee eingeladen worden. Hier in einem, zwar im Kernland liegendem, aber durch das Klima und die Kultur ehe küstengeprägtem Teil von PNG sind die Leute, wie in anderen Teilen des Pazifiks, zurückhaltend. Sie schauen erst mal was das für Ankömlinge sind.
Nach der Rast im Dorf geht es durch den Gärten des Dorfes wieder in einen kleinen Sumpf und dann in ein trockenes Flussbett. Man sieht noch genau welche Wassermassen hier zu Ostern durch gebraust sein müssen. Die Dörfer, die hier mal lagen, wurden weggespült oder liegen unter den Steinen des Flussbettes. Hier hat sich der Ramu ein neues Bett gesucht, nachdem sein altes die Wassermassen der Regenzeit nicht mehr halten konnten. Wir kommen durch Geisterdörfer und an Häuser an denen man den Wiederaufbau erkennen kann. Einige sind weggezogen, aber viele werden hier wieder ihre Dörfer errichten. Das ist ihr Land, auf dem ihr Clan immer schon gelebt hat und hier haben sie ihre Wurzeln. Später am Nachmittag geht es in den Regenwald, auch hier ist der Fluss geflossen, konnte aber nicht viel anrichten. Es liegt eine Menge Holz herum und der Weg ist kaum zuerkennen, aber sonst ist der Wald von der großen Flut unberührt geblieben.
Verena erzählte mir, dass ihre schlimmste Anfangsgeschichte in PNG hier in dem Dorf stattfand, in das wir grade gingen. Vor drei Jahren haben die Dörfler, zu Anfang vom Missiosdienst der Hellfritschens in PNG, zwei Frauen zu Tode geschleift, weil sie angeblich Hexen seien. Verena und Thomas hatten davon gehört und sind gleich mit Verstärkung angerückt und haben versucht die Sache auf theologische Weise, mit Gespächen und Bibelstunden, zu beruhigen und die den Aberglauben auszutreiben, aber es war schwer.
Den ganzen Nachmittag geht es Durch den Regenwald. Wir machen an kleinen, klaren Flüssen halt und füllen die Trinkflaschen auf, dann geht es weiter. An diesem Tag müssen wir fast 30km durch den Busch zu unserem ersten Zieldorf zurück legen, dazu benötigen wir 9 ½ Stunden.
Teri, das erste Dorf. Ausruhen, Essen kochen, quatschen.
Als wir am spätem Nachmittag am Dorf Tari ankommen, haben wir den großen Wunsch uns von den Strapazen des Tages zu erholen und wollen unbedingt im kristallklarem Wildwasserfluss des Dorfes baden, doch als wir an der Badestelle ankommen und grade die Rucksäcke abstellen wollen schreit ein Neuguinis: „Flutwelle!“ Und eine braune Flut kommt den Berg hinabgeschossen, wir flüchten uns grade noch auf das hohe Böschungsufer, um der Welle zu entkommen. Hier baden wir heute nicht mehr!
Im Dorf weiß scheinbar niemand von unserer Ankunft. Die wenigen Frauen im Dorf sind überrascht, das hier eine Missionarin und ihr Tross aus dem Busch kommen. Sie bereiten schnell eine Plane zum hinsetzten auf dem Dorfplatz aus und bitten uns mit ein paar Betelnüssen und frischen Erdnüssen als Snack zu warten während sie ein Haus vorbereiten. Während wir warten kommen weitere Frauen und Männer aus dem Umliegendem Busch wieder. Vermutlich waren sie Gartenarbeit machen. Am Abend hält Verena eine Predigt zum Bathimäus-dem-Blinden- Theaterstück der Assaroka-Jugend und das man nun erwachen und Anfangen soll sich zu bewegen; das ist die Botschaft der Patrol. Ich sehe mich während meines Aufenthaltes im Dorf um und sehe viele Kinder mit dicken Hungerbäuchen, Zeichen der Mangelernährung, die es nach der Katastrophe zu Ostern hier im Ramu häufiger gibt. Aber wundern tut mich, das die Leute hier keine ihrer zahlreichen und gut genährten Schweine schlachten, um sie den Kindern zu geben. Dieses Dorf hat für die wenigen Einwohner wirklich viele große Schweine, aber die werden nur zu Hochzeiten und in Clanstreitigkeiten geschlachtet, sonst hält man sie einfach nur als Reichtum und mästet sie. Die Logik will mir nicht in den Kopf, dass man nur wegen einer Gewohnheit, oder Tradition seine Kinder hungern lässt!
Eine weitere unschöne Sache hier in diesem Dorf war, dass sie ihre Tiere andauernd geschlagen haben und mit Steinen beworfen. Diese Brutalität und Kaltblütigkeit gipfelte in einer öffentlichen Hühnerjagd mit Pfeil und Bogen. Ein Mann stellte sich auf mit seinen Jagdwaffen und alle Kinder und Frauen bewaffneten sich mit Steinen. Dann schoss der Mann ein Huhn an, das laut zeternd mit Pfeil im Rücken durch Dorf rannte. Alle Kinder Rannten ihm nach und warfen es mit Steinen ab. Ein grausames Schauspiel. Da haben wir weißen uns gefragt, ob man bei einem Leben im Busch abstumpft?
Am nächstem Tag kamen wir recht spät los, was uns ärgerte, aber das Dorf wollte uns unbedingt ein ordentliches Essen machen uns sich noch lang und breit bedanken für den Besuch und die frohe Erweckung. Als es dann losging bin ich mit Ruben, einem Jungen der sich uns im Basislager am Highway angeschlossen hat, an der Spitze gelaufen und habe versucht das Marschtempo zu erhöhen, um den Zeitverlust im Dorf wieder gutzumachen.
"Bushroad!"
Wie gingen nun nach Safi dem Geburtsort von Ruben, deshalb vertrauten wir unserem jungem Führer. Er ging immer mit der Gitarre voran und klimperte herum. Ich brauchte nur den Klängen zu folgen. Das war schön einfach so durch das Grün des Urwaldes zu gehen mit dem Ruck sack auf dem Rücken und den Rhythmus des eigenen Trittes im Ohr. Daneben war es bald nur noch natur und die Gitarre von Ruben die ich hörte. Ich begann mich zu entspannen und schaute mir alles was auf dem weg lag an. Das ist so eine Angewohnheit aus der Kindheit, das ich auf dem Weg nach „Sachen“ Ausschau halte. Meine Beobachtung sollte auch bald belohnt werden, denn Ruben übersah die braune Schlange, die quer über dem weg lag. Ich konnte noch „Oh, Schlange!“ sagen, dann war sie im Busch verschwunden. Nun gewarnt von der Gegenwart EINER Schlange hielt ich die Augen offen für weitere. Und ich fand noch eine und konnte sie mit Rubens Hilfe als „harmlos“ und gleich auch als „nicht essbar“ einstufen, obwohl ich gerne mal Schlange essen würde.
Wir waren wieder eine Weile gelaufen und machten grade Rast an einem Fluss, an den wir gestern schon gekommen waren, da kam ein hutzeliger Mann und Sagte er habe uns Gestern gesehen und zum essen eingeladen und das Essen sei nun fertig. „... OK... ,na dann, also ist es denn weit?“ Fragten wir. „Nein, nein, das da hinten sind schon meine Kakaubäume.“ Sagte der Mann und ging voran. Ich dachte nur: Verrückter Alter und das es bestimmt eine Falle ist, weil wir unsere Rucksäcke ruhig an dem Fluss zurück lassen sollten. Aber wir folgen ihm und kamen wirklich bald (da hinten :) ) zu seiner Kakauplantage und bald zu seinem Haus. Alles war sauber gekehrt und mir fiel sofort die gut genährte Katze auf. Der Mann gab uns Kaukau mit Schweinebauch zu Essen und stellte uns seine Familie vor. Frau und zwei Töchter plus ein paar Katzen und Hunde und ein Schwein. Alle normal gut ernährt und fröhlich. Das war schon etwas ganz anderes als in dem Dorf da oben in Terri. Wir hatten grade in Terri gegessen uns so konnten wir nur wenig essen, aber der Mann war froh das er uns, wenn auch nur für kurze Zeit Bewirten konnte und freute sich.
Irgendwo mittem im Busch/Regenwald. (Assarokajudend und ich mit Trinkkokusnuss)
Wir brachen bald auf und das war auch gut so, denn es wurde nun anstrengender zu laufen. Wir kamen nur in die Gebirgsausläufer der Bismarkrange hinein, eine Steile Bergformation Zwischen dem Küstengebirge von Madang und dem Hochland bei Goroka. Ein Paar Stunden gingen wir durch den Djungel am Fuß der Berge bis wir zu einer Siedlung kamen, dort rasteten wir wieder und füllten Wasser auf. Von dort ging es in einem Zickzackmarsch am Rand des Urwaldes durch ein Riesengrasfeld und auf eine enge Schlucht zu. Mein kleiner Führer Ruben ging wie immer voran und spielte auf der Gitarre `rum und wurde nicht müde, dass es nicht mehr weit sei. „Nur noch der Berg da und dann runter und dann sind wir fast da...“ „OK.“ Dachte ich mir und ging mit ihm dann noch durch eine Schlucht, kletterte einen Berggarten hoch, sprang über Zäune und marschierte noch ca. 2 ½ Stunden einen sausteilen Berg hoch. Ich muss im Nachhinein sagen, dass es wirklich nicht sonderlich weit war.... jedenfalls Luftlinie. Es war wirklich nur über den nächsten Bergkamm. Und zum Abstieg war es dann schon dunkel. Wir rutschten mehr den Trampelpfad entlang, weil ein Landslite/ Bodenerosion den richtigen weg vor einer Woche weggespült hatte.
Als wir in Safi ankamen wurden wir schon erwartet. In Neuguinea gibt es die wunderbare Tradition des Besucher-durch-ein-Zeremonielles-Tor-im-Dorf-willkommen-heißens. Vor dem Versperrtem eingang erwartete und ein traditionell gekleideter Mann mit Speer und Sang ein trauriges, christliches Lied. Dann musste Verena sagen, dass wir weit gekommen sind um das Licht des Glaubens von Safi und die ganzen gläubigen Menschen zu sehen. Daraufhin werden Gebete ausgetauscht und das Tor geöffnet. Alle Leute des Dorfes haben sich an dem Abend mit den Taschenlampen vor der Kirche versammelt um uns zu begrüßen. Das war toll. Richtig wertschätzend!
Andacht im Freiem unter Palmen
Abends gab es dann wieder den Gottesdienst und die Erklärung was die Patrol soll und dann gab es gemütliches Beisammensein im Haus des Pastors von Safi. Ein echt tüchtiger Mann, der aus Spaß noch mal Tief in den Bush gegangen ist, nachdem er schon eine gute Stelle hatte, dort aber nichts mehr zu tun. Und im Dorf hat er schon viel gerissen und hat weiter gute Zukunftsideen. Zu Abend gab es mein Lieblingsbuschessen: Im Bambusrohr gekochtes Fleich und Blattgemüse mit Brühwürfel und Salz. Man steckt das Fleisch eingepackt in das Blattgemüse ins Rohr und dreht es über einem Feuer bis das Rohr gleichmäßig Schwarz ist, dann ist das Essen drinnen fertig im eigenem Saft gekocht. Sehr lecker!
Das Wildwasser mit kleinen Wassermännern
Am Nächsten Morgen haben wir wieder schön in einem reißendem Fluss gebadet und haben die nun wirklich kurze Wanderung nach Maria angetreten. Es ging hin und her durch den Fluss und entlang eines abzweigendem Flussbettes mit toller Aussicht auf den Ramu. In Maria wurden wir auch wieder mit einem Zeremonientor begrüßt und dem ganzem Dorf vorgestellt. Eigentlich sollten wir im Haus des Pastors schlafen, aber der und seine Frau waren grade jetzt kurz weg und so haben wir in seinem Kochhaus geschlafen. Abends wieder der obligatorische Gottesdienst mit Patrolprogramm, nur dass es jetzt ein Freiluftgottesdienst war am Lagerfeuer. Für mich der beste auf der ganzen Patrol. Nach dem Essen kamen die Mamas des Dorfes mit Planem zum Sitzen und ein paar Papas machten Feuer, dann kam das ganze Dorf so langsam und während des Gottesdienstes kamen noch die Hunde und haben sich ans Feuer gelegt und die Schweine haben sich auch dazugesellt. Eine faszinierende Szene.
Das Dorf Safi von weitem
Hier war unser letzter Übernachtungstop. Am Morgen brachen wir Vormittags auf zur letzten Etappe der Patrol auf Wieder ging es am Ufer des Wildwassers entlang und kreuz und quer durch, wo man grade laufen konnte, durch tolle Landschaft. Kahle, grüne Hügel und Schilfland wechselten sich mit weiter Savanne ab. Wir gingen den Weiten Bogen vom ersten Tag nun wieder Zurück und kamen wieder in das Dorf im Sumpf. Dieses Mal war der Sumpf und der Djungel total geflutet, sodass das eine ins andere überging. Von Moskitos geplagt und müde gingen wir unseren Weg zurück. Auf dem Weg trafen wir Pastor Kegi, der mit seiner Gruppe in die andere Richtung gewandert war und nun auch auf dem gleichem Weg zurück ging. Zusammen kamen wir am großem Ramufluss an.
Der Ramu war noch reißender durch die Regenfälle der Woche weiter oben im Gebirge. Er trug viel Dreck mit sich und die Stelle, die wir zur ersten Überquerung genutzt hatten, war nicht mehr wegbar. So entschieden sich ein paar mutige Neuguinis in die Fluten zu springen und mal zu testen, wo sie stehen konnten. Die Armen wurden fast einen Kilometer mitgerissen bis sie bis zum Hals im Wasser stehen konnten. Dort Überquerten wir in Gruppen mit unserem Gepäck über dem Kopf den Fluss.
Reißender Fluss, Gepäck über dem Kopf, Attacke!
Am anderen Ufer wurde die Stimmung richtig ausgelassen und es wurde noch etwas geplanscht. Wir hatten den Ramu bei Flut besiegt!
Dann eilten wir vor einem nahendem Gewitter schnell die letzte Stunde zum Ausgangsdorf und kamen grade noch rechtzeitig an bevor die faustgroßen Tropfen um uns niedergingen. Am Abend war eine Art Runninggate/Gottesdienst geplant wo jede der drei Gruppen einen Act vorführte. Die Bathimäustheaterstücke und selbst getextete Lieder, oder ich mit einer kleinen Feuershow zum Abschluss des Abends. Nach dem Gottesdienst war es schon tief in der Nacht und wir Jugendlichen blibn auf, da der LKW noch heute Nacht nach Goroka zurückkehren sollte.
Ging er dann schließlich auch. Um Acht Uhr morgens waren wir in Goroka. Eine ereignisreiche Woche liegt nun hinter mir. Die Erfahrungen und Geschichten der Patrol werde ich noch lange erzählen.
Pastorin Verena und die Assarokajugend












Dienstag, 21. Mai 2013

Rugbyleage

Goroka in Weiß, Rot, Blau Gurias in Rot,Weiß,Grün
Seit Anfang Mai hat die Saison für die professionellen Rugbyspiele wieder begonnen. Am Sonntag Nachmittag von 15-16 Uhr finden dann Spiele der Rugby-Bundesliaga statt. Von 12 bis 15 Uhr sind die Vorspiele der Gorokaschulen, dann beginnt das Hauptspiel mit einer langen Ansage von allen Sponsoren und wieviel gespendet wurde, dann werden die Ehrengäste vorgestellt und dann kommen die Mannschaften herein in die „Arena“, wie gefeierte Gladiatoren mit Musik und beklatscht von 2000 Neuguinis.
Die Mannschaft in Goroka heißt „Bintangor Goroka Lahanis“. Bintangor ist der chinesische, gut sortierte Supermarkt in Goroka und Goroka Lahanis heißt das Team. Ich glaube Lahanis ist Tokples (Pdg.: Sprache) Goroka (Gahuku = Sprache von Goroka). Aber was es heißt, weiß ich noch nicht.
Gurias vs. Lahanis

Natürlich bin ich ein Lahanisfan. Wenn ich in Goroka mit dem Trikot herumlaufe rufen mir häufig leuter hinterher oder wollen mir die Hand geben, weil sie sich freuen, dass ich als Weißer Lahanisfan bin.
Die Vipers haben einen Lahani getuckelt
Ich war bis jetzt bei zwei Spielen. Vor zwei Wochen das hochkaretige Spiel der Tabellen ersten und zweiten Rabaul Gurias gegen Goroka Lahanis in Goroka und das Spiel am letzten Sonntag Port Moresby Vipers gegen die Lahanis in Goroka. Beide Spiele waren sehr spannend. Im ersten war das Spiel der Lahanis sehr interessant und gut und sie haben die Gurias, die die Favorieten waren, mit 26:16 besiegt. Die Vipers haben in der ersten Halbzeit dominiert und es stand bis zur zweiten Halbzeit 16:6 für die Vipers, dann in der zweiten Halbzeit haben die Lahanis härter getucklet und die Vipers haben nicht mehr punkten können, sodass die Lahanis mit den vielen Anfeuerungen der Zuschauer 22:20 gewonnen haben. In diesem Spiel haben die Fans der Lahanis eigentlich gewonnen und den Sieg zu den Spielern gebracht, ich habe es vorher noch nicht erlebt, aber hier haben alle Fans durchgehen angefeuert.

Begeisterte Fans stürmen das Feld nach dem Abpfiff
Da ist Neuguinea anders als Europa. Dort sind Fußballspiele der Bundesliga regelrechte Fanpartys, aber hier ist man ehr stiller Fan. Das hat sich von Spiel zu Spiel geändert und ich würde mich freuen wenn das die nächsten 6 Heimspiele auch anhalten würde. Ich freue mich auf jeden Fall auf die kommenden sechs Spiele.




Kräuter, Medizin Hexerei und Erdnüsse


Pflanzen der Woche: Erdnuss, Salat, Komfree

Ich habe mal in meinen Rundbriefen geblättert und festgestellt, dass ich im ersten Rundbrief eine Pflanze der Woche hatte, aber dann nie wieder. Ich erinnere mich auch, dass ich das in jedem Brief haben wollte, aber auch nicht gemacht.
Also hier für alle Botaniker und die, die es gerne wären, gibt es jetzt drei Pflanzen der Woche vorgestellt und ausprobiert.
Die stolze Präsentation meiner Erdnussernte, Heilpflanze „Salat“ und das Erkältungskraut „Komfree“

Voll auf die Nuss
Meine Erdnussernte
Im letzten Gartenangriff habe ich mich verschärft um die Erdnüsse gekümmert. Seit fünf monaten sind sie Gewachsen und nun müssen sie raus. Die Nuss, die eigentlich eine Hülsenfrucht ist, wächst in fast allen Böden und braucht nicht viel, da ist es hier in Goroka fast schon zu luxuriös für sie mit dem saftigem Boden, der reichen Sonne und dem vielem Regen, aber ich habe trotzdem gut geerntet.
Etwa 3 kg Nüsse auf 5 m². Nun Trockne ich sie und dann kann man sie Weiterverarbeiten. Die frischen Nüsse schmecken ganz anders, als die getrockneten und auch echt gut in Salaten und mit Ingwer roh in den Mund gesteckt. Es gibt auf dem Markt immer Erdnüsse in einem Kohlblatt mit Karotte, Ingwer und Salz als leckerem Snack.
Ich habe vor sie mit Honig, oder mit Paprikapulver zu rösten und natürlich die Neuguini-feuergerösteten Erdnüsse mit Salz zu machen.
Was ich bis jetzt weiß ist, dass die Nüsse beim Pflanzen und der ernte recht anstrengend sind und kann mir nicht vorstellen, dass es dafür besondere Manschienen gibt, die es besser machen als die Kinder in Indien oder Südamerika. 2/3 der Welternte wird zu Öl und der Rest in Arfika, Amerika und Europa als Snack, oder Butter konsumiert.
Die Nuss ist sehr gesund als frischer Salatzusatz und enthält viele gute Fette.
Wie es mit den Nährwerten der gerösteten Nüssen in Europa aussieht, weiß ich nicht!

Salat“
Salat 
Der Salat den ich meine, ist nicht der Salat-Salat, den man in Deutschland unter dem Namen kennt.
Auch botanische Namen, oder Wikipedia-Artikel kann ich nicht finden.
Dieser dubioser Salat ist eine erstaunliche Heilpflanze, ich habe ihn das erste Mal in Wewak am Kai gesehen, wo sich eine dicke Frau die Knie damit betupft hat und dann später am Mt. Wilhelm habe ich darüber gehört, dass man ihn zur Schmerzlinderung von Gliederschmerzen verwendet. Ich habe es selbst noch nicht ausprobiert, weil es nie so doll wehgetan hat, aber der Beschreibung nach tupft man mit den Nesselblättern die betreffenden Stellen ein und darf sich danach nicht Jucken und nach etwa 5 Minuten ist der Schmerz weg und kommt auch so schnell nicht wieder. Neuguinis verwenden es bei Altersschmerzen, Beulen und Heilkunde/Hexerei.
Unsere Hausmeri (Pdg.: Putzfrau) hat den Salat um unser Haus herum gepflanzt und sorgt dafür, dass immer genug Blätter wachsen. Auf dem Markt wir es als Heilmittel zu 20 Toea der Zweig verkauft. Diese erstaunlichen Blätter werde ich glaube ich mal in ein Labor bringen und die Nesseln untersuchen lassen. Vielleicht ein unbekanntes Mittel gegen Schmerzen, das man noch verbreiten muss.

Komfree“
Komfree
In der letzten Woche habe ich mich wohl irgendwie mit einer leichten Erkältung angesteckt und herumgeschnupft und gehustet. Dann kam mein Mitbewohner auf mich zu und sagte, das was Neuguinis immer sagen bei jeder Krankheit, Ingwer und scharfe Sachen essen damit man die Krankheit ausbrennt, aber er zeigte mir auch eine dunkelgrüne Blattpflanze hinter unserem Haus. Ich habe sie bis dahin nur als hässlich und allgegenwärtig gesehen, aber nun wurde die Sache interessanter.
Die Blätter der Pflanze werden gewaschen, zerrieben und frisch als Tee aufgebrüht und gegen Erkältung getrunken. Der Tee schmeckt ein wenig wie frisches Gurkenwasser und ein bisschen ekelig, aber er hat sehr gut geholfen. Von einem auf den nächsten Tag hatte ich weniger Schupfen und der Husten war fast weg. Ich habe nebenbei keine weiteren Medis genommen, nur Komfree und Vitamine, erstaunlich.
Auf dem Markt habe ich es noch nie gesehen und auch andere habe ich noch nie darüber sprechen hören, aber ich werde mich umhören.
So kannte ich das Zeug nicht und gut schmecken ist etwas anderes, aber von der Wirkung ich bin überzeugt!

Ernte, Aussaht, Entkrauten, Abdecken

Mein Garten 2.0

Ich habe in letzter zeit viel in meinem Garten im MI Compound geackert.
Die erste Hälfte durftet ihr ja schon erleben, aber nun kommt die zweite Hälfte und die Bananen.

In meiner Zweiten Hälfte habe ich vom (Weg nach innen) Bohnen, rote Rübe, Radischen, Schittknoblauch, Tomaten und Basilikum, Weg, Gurken und Salat, Radischen.
Weiter steht der Plan einen Kreutergarten mit Pfefferminz, Thymian, Majoran und Zitronenminze zu etablieren, außerdem möchte ich noch weitere Bohnen und Zuccini pflanzen.

Nächste Arbeit ist die Ernte der Erdnüsse und Karotten in der alten Hälfte und die Schutzmaßnamen für meine Bananen. Ich habe letzte Woche schon eine Reebe Kochbananen und eine süße Bananen geerntet und dabei feststellen müssen, dass Flughunde meine Bananen langsam aber sicher aufessen. Kleine miese Räuber, damit wird jetzt Schluss sein und ich werde die Bananen einpacken in Tüten, mal sehen ob es hilft.
Die Erdnüsse werde ich trocknen und braten und wegsnacken und die Karotten werden wohl auch weggesnacked werden. ;)

Montag, 13. Mai 2013

Der Berg ruft!

Far over the misty Mountains

Als ich nach PNG kam hatte ich schon die Idee, dass ich unbedingt auf den Mt. Willhelm klettern muss. Er ist der höchste Berg der Simbu-provinz und von ganz PNG. Mit seinen 4509m nicht grade ein Spaziergang, aber mit entsprechender Ausrüstung auch nicht unmöglich. Wichtig sind vor allem gute Schuhe und ausreichende Kondition.
Gute Schuhe hatte ich mit und so war ich sofort dabei, als mich mein Pastor John fragte, ob ich und ein paar andere Freiwillige nicht Lust auf eine Bergtour hätten. Ich habe sofort bei den anderen Freiwilligen Bescheid gegeben, aber von ihnen konnte keiner in meinem Zeitfenster starten, so bin ich allein mit John losgezogen.
Wie es so in PNG ist kann man nicht einfach so losziehen. Eigentlich wollten wir schon früher los, aber John hatte vergessen, dass eine Konferenz an dem Tag ist. Dann wollten wir am nächsten Tag früh los, aber er hatte noch nicht gepackt. Das ist einfach so. Am Anfang hat mich so etwas viel Frust bereitet, aber es ist einfach PNG und daran muss man sich gewöhnen, sonst wird man verrückt.
Wir sind mittags am nächsten Tag los und haben glücklicherweise ein privat Auto gefunden, dass uns bis Kundiawa auf dem Highway mitnahm. Ich bin noch nie den Highway weiter rauf als bis nach Assaroka gefahren und das ist eine halbe Stunde Weg von Goroka. Nach Kundiawa führt der Highway über hohe Pässe und auf schmalen Straßen an Bergflanken vorbei in die Provinz Simbu (sprich Tschimbu, oder lisple ßimbu). Die Natur und das Panorama vom Daulopass, einem der höchsten in PNG ist atemberaubend, die Straße in bekanntem mehr oder weniger kaputtem Zustand. Wir kommen an kleinen „Raststätten“ vorbei, die eigentlich nur kleine Quellen an der Straße sind mit einem Bambusrohr für einen Wasserstrahl, an denen sich ein paar Mamas mit Bananen und Gebratenem hingesetzt haben. An so einem Rastort halten wir, um zu trinken und einen Passagier abzusetzen, dann geht es weiter. Vorbei an der bekannten Congo-Kafeerösterei und an endlosen Kaffeefeldern.
Dann sind wir in Kundiawa. Kundiawa ist eine kleine Bergstadt auf einem Rücken, von dem man die hohen, schroffen Hänge des Hochgebirges in PNG bestaunen kann. Die Hänge sehen anders aus, viel steiniger, sehr viel Steiler und um einiges Höher und die Aussicht lohnt sich.
John und ich im Auto nach Kundiawa
Aber viel Zeit zum Bauklötze staunen hatte ich nicht. Es ist schon Nachmittag und die Chancen einen PMV zum Mt. Willhelm zu bekommen ist sehr begrenzt. Wir entscheiden ins Lutheran Guesthous in Kundiawa zu gehen und laden dort unser Gepäck ab. Trotz der Geringen Chancen möchte ich noch mal zum Markt um zu fragen, ob es tatsächlich kein PMV mehr gibt. Wir haben sehr großes Glück. Es gibt einen.
Auf der Straße nach Mt. Willhem gibt es keine Busse mehr wie ich sie in meinen anderen Trips an die Küste beschrieben habe. Die Straße ist zu steil, zu kaputt und zu vermatscht für Kleinbusse. Hier ist de Busch, hier gibt es nur Allradfahrzeuge, oder man geht zu Fuß!
Der PMV wollte eigentlich schon weiterfahren. Aber ich bin der einzige Weiße hier und trage einen großen Bergsteigerrucksack und Stiefel. Die Neuguinis hie sind an weiße Bergsteiger gewöhnt und halten den PMV für uns noch mal an ehe das wir merken, dass der auf unserer Straße fährt und wir noch Platz hätten. Glück für uns. Ich darf als Weißer mich mit zwei anderen auf den 1 ½ Beifahrersitz quetschen und sitze zwischen zwei lustigen Gesellen, die mir die Geschichten auf dem Weg erzählen. „Die Erde hier ist rot, weil es hier mal einen Missiorar gegeben hat der ein Schwein erschossen hat.“ „Hääää, was? Was hat das eine mit dem anderen zu tun?“ Es war der erste Missionar am Mt. Willhelm und er hat ein marodierendes Schwein in seinem Garten erschossen, weil es ihm die Kaukaus zertreten hat. Daraufhin sind die Stämme zu denen das Schwein gehört hat zu ihm und haben ihn erschlagen und sein Blut hat den ganzen Berg rot gefärbt. Irgendein Karl muss das gewesen sein, um 1934, oder so. Schweine sind hier mehr wert als Frauen manchmal sieht man Frauen die ein Ferkel säugen!
Dafür muss man aber tief in den Busch - Bin ich hier ja auch! Der eine der beiden ist ein Kanditat für die Präsitentschaft gewesen. Aber er ist gescheitert, weil er nach ein paar Millionen es leid was Schmiergeld zu zahlen. Das hat er mir so erzählt. Ich habe daraufhin erzählt, dass er dafür in Deutschland nicht nur nicht gewählt worden wäre, sondern auch noch ins Gefängnis gekommen wäre.
Daraufhin meinte er: „Ja, in Deutschland sind aber auch alle Millionäre und die brauchen das Geld nicht, dann kann es dann auch fair zugehen.“
Das musste ich dann erst mal zum einhundertsten Mal für die Neuguinis klarstellen. Deutsche sind nicht alle Millionäre, sie arbeiten auch für das Geld.
„Aber die bekommen doch eine Rente von Staat!“ Ja, aber dafür haben sie auch lange in eine Kasse eingezahlt.“
„Achso...., was ist den mit den Lutheranern in Deutschland? Die Deutschen haben so viel gutes und sie haben Luther. Da sind bestimmt alle Kirchen voll und alle sind Lutheraner?“
„NEIN, wir haben viele Glaubensrichtungen! Lutheraner, Katholiken und Muslime und viele die gar keine Religion haben! Es ist wie in jedem anderem Land auf der Welt auch. Es gibt die Mischung.“
Das war schwer! Viele Neuguinis glauben, da aus Deutschland die ganzen Missionare kamen (kamen sie gar nicht alle, aber wir sind in den Highlands und da waren schon viele Deutsche, man denke da mal an den erschlagenen Karl) und immer Güter und Luther-Geschichten mitgebracht haben müsste in Deutschland der Himmel sein.
ICH PLEDIERE HIERMIT FÜR EINEN AUSTAUSCH FÜR NEUGUINIS NACH DEUTSCHLAND! Wo sie dann zum Praktikum in deutsch Betriebe gehen und in Vorträge, um mehr über Deutschland zu erfahren und eine Rundreise, um es dann mit eigenen Augen zu sehen!
Dann erreichten wir eine sehr steile Stelle in der Straße an der schon drei PMV´s standen und nicht weiter kamen. Es hatte zu regnen begonnen und die Straße war durch die Mischung aus Lehm und Wasser zu einer schmierigen Rutschpiste geworden. Wir stiegen alle aus und suchen Kies und Steine zusammen, die wir unter die abgenutzten Reifen legten um eine griffigere Piste zu schaffen. Unserem Auto gelang es mit der Erfahrung des Fahrers die Piste als erstes zu überwinden. Es kostete viel Reifengummi und Sprit, wenn die Reifen auf dem glattem Lehm durchdrehten. Wir halfen noch den anderen Landcruisern über die Stelle, da stellte sich mir ein Mann vor. Er sei Guide Boni und habe eben mit John gesprochen, dass wir auf den Willhelm wollten und wir aus Goroka kamen und habe bis jetzt alle Goroka-Freiwilligen den Berg hochgebracht. Was für ein unfassbares Glück! Erst den allerletzten PMV am Tag dann der Guide auf unserem PMV. Er war grade mit einer polnischen Frau auf dem Gipfel gewesen und hatte sie in Kundiawa abgesetzt.
Damit hatten wir schon einen Guide und wussten wo wir heute Nacht schlafen würden. Die Restlich Fahrt habe ich weiter versucht meinen beiden Faherkabienen-Mittsitzern zu erklären, dass es in Deutschland auch Arbeit und Probleme gibt und sich Deutschland in der Hinsicht nicht so sehr von Neuguinea unterscheidet. Die haben es nicht geglaubt!
Der PMV hat uns direkt vor dem Haus des Guids abgesetzt. Ein auffallend schönes Haus-Kunai, also aus Bambus mit Grasdach (Kunaigras). Die Familie, 3 Kinder und Frau, des Guides begrüßen uns. Sie sind schon gewohnt, dass Weiße in ihrem Haus schlafen. Es gibt traditionell gekochtes Kumu (Blattgemüse) mit Reis und Kaukau (Süßkartoffeln) über dem Feuer in der mitte des Hauses Gekocht. Das Haus misst ungefair acht mal sechs Meter mit zwei sich gegenüberliegenden Bettpodesten und einer Feuerstelle in der Mitte. Ein selbstgebautes Bord mit Töpfen und Kückenkram. Eine Bank. Das ist alles. Es ist sehr gemütlich. Der Regen des Nachmittags hat das Dorf erreicht und pladdert nun auf das Dach. Wir haben es im Inneren Warm mit Feuer, Schlafsäcken und Matrazen – ungewöhnlicher Luxus für eine Nacht auf dem Dorf, sonst bin ich gewöhnt in eine Decke gewickelt auch mal auf der Erde zu schlafen.
Ein Haus wie aus einem Tolkinroman
Am nächsten morgen geht es früh los. Die Wolken hängen noch in den Bergen fest und ein difuses Licht dringt ins Tahl am großem Berg. Trotz des frühen Morgens brauchen meine Neuguinis, Boni und John, erst mal Betelnüsse (Buai) und Zigaretten. „Es ist kalt oben, da braucht man was zum wärmen!“ Ich beteilige mich nicht. Bei schon dünner Luft die dann auch noch mit Zigarettenqualm verpesten ergibt für mich keinen Sinn, aber vielleicht habe ich da ja auch was nicht mitbekommen....
Der Weg den Berg hinauf führt durch die Ländereien von mindestens zwei Clans, darum muss man auch mindestens einmal Weggebühr bezahlen. Boni ist der Guide von einem Clan und damit muss ich in seinem Gebiet nicht zahlen. Ich muss allerdings für John mitzahlen, er sieht sich als Neuguini, der mit einem Weißen reist nicht in der zahlenden Rolle. Das ärgert mich die Reise noch ein paar mal, weil er scheinbar immer Geld für Zigaretten und Buai hat, aber nie Busgeld bezahlen will und überhaupt, wenn Neuguinis Geld brauchen, dann haben sie immer etwas von Verwandten, es scheint ihm dafür nicht wichtig genug zu sein. Hier scheint er mich etwas auszunutzen... Ich weiß schon das Pastoren in PNG nicht gut bezahlt werden und auch das ich allein vermutlich mehr Geld zur Verfügung habe als er mit Familie, aber er hätte ja wenigstens anbieten können etwas zu übernehmen, doch das ist europäisch gedacht und sehr „unneuguinisch!“
Der Weg führt uns durch das Dorf immer weiter nach oben. Wir kommen am Missionarshaus vorbei und am Rollfeld. Dann kommen wir auf eine Art Alm. Ja, so etwas gibt es hier auch. Ein paar Höfe auf einer Hochwiese mit Kühen. Es sind diese indischen Kühe, da sie das Klima besser vertragen, aber es sind die ersten Kühe seit langer Zeit.
Nach der Alm kommen wir zum Waldrand. Der Weg führt hier auf Holzbalken kreuz und Quer, immer bergauf durch einen tropischen Hochwald. Es tropft von den Ästen und die Luft riecht nach Moos und Erde. Farne, Schlingpflanzen und kleine Bäume kämpfen um das wenige Licht, das auf den Waldboden fällt. Knallrote Pilze stehen auf den kleinen Sonnenflecken. Es ist merklich Kühler und dunkler, obwohl mittlerweile draußen die Sonne auf die Erde knallt. Pause machen wir stilecht auf einer Holzbank im Djungeldesighn mit passendem Papierkorb. Dann geht es wieder weiter durch den Wald. Nur einmal begegnen wir anderen Wanderern, einem Ehepaar aus Israel.
Bank und Mülleimer mittem im Bush
Bald ist der Wald zu ende und die erste Wiese wird zur Rast genutzt. Hier oben hat man eine Tolle sicht über das Land. Im Tahl unten das Rollfeld und daneben die Secondaryschool. Die Aussicht finden die Japaner auch toll, die plötzlich auch da sind. Sie tragen die Kameras in Typischer Haltung und sind top ausgerüstet mit Stiefeln, Stöcken und Trägern für die Lasten. Ein Tross von 10 Neuguinis, jeder mit einem Gepäck größer als er selbst, zieht vorbei während die Japaner die Aussicht, sich selbst und alles andere knipsen. Ich knipse die Japaner.
Nun geht der Aufstieg durch eine weite Landschaft mit riesen Baumfarhnen und vielen kleinen Flüssen. Auf den ersten Blick sieht die Hochebene ausgetrocknet aus, aber der Anblick teuscht, denn der weg ist auf ganzer Linie von kleinen Rinnsalen und Bächen durchzogen. Das gehen wird nasser nachdem man das millionste Mal in eine Wasserpfütze getabbt ist, aber das Basiscamp ist nicht weit.
Wir erreichen das Camp um etwa 14:30 Uhr, es ist eine schedderige Hütte auf stelzen mit Betten und einer Küche und einem Plumsklo hinter dem Haus. Ausreichend. Wunderschön an einem glasklarem Gebirgssee gelegen. Hinter dem See führt der Berg Steil nach oben, Wasserfälle stürzen hinab und ergießen sich in den See. Der Berglegende nach ist eine Familie hier hoch gegangen und hatte die Bilums voll mit Fett von Tieren, um davon zu essen. Sie haben hier rast gemacht und die Sonne hat das Fett ausgelassen und aus dem Fett der Mutter wurde der erste See. Weiter oben hat der Mann halt gemacht und auch sein Fett wurde zu einem zweitem See. Der Sohn ist auf den Berg gestiegen und seine Knochen bilden den Gipfel. Hier ruhen wir uns aus und trockenen die nassen Socken und legen uns ins Gras. Der Blick auf den Gipfel wird von dichten Wolken verhangen. Es nieselt immer wieder und einmal habe ich das Gefühl, dass es jetzt Schneeregen ist. Und das in PNG! Hier oben auf ca. 3600m ist es immerhin noch 15-18°C warm. Für mich ist es saukalt! Man kann sich gut vorstellen das es so oder anders in Schottland oder irland ist. Bergig, Grasig und kalt. Ich brauche meinen dicken Pollover und eine Jacke. Am Abend machen wir Feuer in der kleinen Kochhütte und braten ein paar Lamflaps. Das sind die fettigen Rippstücke von Schafen, die die Australier nicht haben wollen und nach PNG verschicken. Damit haben wir auch unser Fett mit auf den Berg gebracht. Mit Reis und ein paar Pilzen, die Boni hier oben gefunden hat, und Kumu vom See machen wir uns ein leckeres Essen und gehen früh zu Bett.
Wolken am See auf 3600m
Am nächsten Morgen um ein Uhr nachts stehen wir auf. Kurzes Frühstück und dann geht es mit Kopflampe und Taschenlampe, in warme Sachen gehüllt, weiter aufwärts. Nun ist der Weg kaum noch zu erkennen, nur durch weißgetünchte Steine gezeigt. Die Japaner von Hinweg sind schon vor uns aufgebrochen. Wir sehen ihre LED-Lampen über uns im Steilem Hang. Der Hang besteht aus Geröll durchzogen von krüppligen Büschen und hat eine beinahe konstante Steigung von 70-85°, eine Kletterpatie.
Wir arbeiten uns im Schein der Lampen hoch und überholen die Japaner nach dem ersten Drittel. Es ist immer noch Stockdunkel, man kann nur so weit wie die eigene Lampe sehen. Die Höhe merke ich erst hier ein wenig. Bis zum Basiscamp am See war es kaum zu spüren, aber hier muss man sich seine Puste einteilen und seinen Rhythmus finden und einfach dem Guide hinterher. Man kann ja eh nicht die Aussicht genießen. Dann auf knapp 4000m passiert es, das Wetter verschlechtert sich zusehens. Es fängt an zu schütten und Sturm kommt auf. Wir stecken mitten in einer Gewitterwolke. „Wir müssen umkehren, das ist Regel der Guids hier!“ sagt Boni. Ich möchte nicht so einfach die Flinte ins Korn werfen und überrede ihn zu ein paar weiteren Minuten Aufstieg, aber das Wetter wird nicht besser. Wir brechen schließlich 500 Höhenmeter unter dem Gipfel ab. Von Oben hätten man wohl auch nichts gesehen, selbst wenn die Sonne heute aufgegangen wäre, versuchen wir uns einzureden, aber die Frustration ist groß. Vom Berg besiegt steigen wir ab. Es dämmert schon als wir wieder an den Seen eintreffen.
Morgenstimmung beim Abstieg
Am Frauensee in der Hütte kurz ausruhen und dann mit etwas Schokolade doopen und den Abstieg ins Tal machen. Das Haus des Führers ist wieder sehr einladend und nach einer weiteren Pause gehe ich mit Boni durch das Dorf. Dort lebt ein deutscher Urmissionar und bastelt an dingen herum. Er ist nun schon alt, etwar 70, und kommt aus Essen. Verheiratet mit einer Simbufrau ist er nach 9 jahren Deutschland mit ihr wieder an den Berg gezogen. Im Dorf hat er die Wasserkraftanlage, die Technische Schule, die Kirche das dt. Pfarrhaus und die Küche, die Secondarryschool und einen Kuhstall gebaut. Dafür dass er erst seit 30 Jahren da ist gar nicht schlecht, immerhin braucht in PNG alles dreimal oder hundertmal länger.
Da wo der weiße Rauch ist, ist John aufgewachsen, bei Kundiawa
Dann zeigt mir Boni sein zweites Haus mitten in einem schönem Garten. Stolz ist er und ich bekomme Ableger von wertvoller Pfefferminze und Thymian. Heute geht es wieder Früh ins Bett, denn morgen müssen wir einen PMV um 5:30 bekommen. Zu meiner Überaschung ist der PMV europäisch pünktlich! Nach einer weiteren Schlammlavienenpanne, mit Steckenbleiben kommen john und ich mittags in Kundiawa an und nach einer weiteren PMV fahrt in Goroka.
Trotz wetterbedingtem Abstieg doch ein tolles Abenteuer.
Und was mir aufgefallen ist, dass die Neuguinis im Dorf am Berg viel netter miteinander waren. Ich habe keine Anzeichen von Gewalt, Verlotzung oder sonst einer Art der üblichen Verwahrlosung gesehen. Boni hat seine Kinder richtig lieb und spielt mit ihnen, was ich in Goroka oder an der Küste NIE gesehen habe, sie kriegen auch keine leichten Schläge oder sind unerzogen. Sehr entspannend. Dort ist es wie im Auenland aus dem Herrn der Ringe, eine heile Welt in all dem Wüten! Der Bergtourismus und das frühe Missionieren der Region müssen ihren Abdruck hinterlassen haben.
Zengarten am Mt. Willhelm





Sonntag, 21. April 2013

Upper Assaro

Im Lande der Assaro Mudman

Die Assaro Mudman sind berühmt für ihre Singsing-Kostüme. Sie tragen eine Art Helm aus Ton mit einer gruseligen Geistermaske und beschmieren sich am ganzem Körper mit Asche und weißem Lehm, sodass sie aussehen wie Gespenster. Diese Kostüme haben sie im Krieg gegen ihre Feinde entwickelt, aber nun werden sie nur noch zu traditionellen Tänzen getragen.
Am Wochenende war ich mit Pastorin Verena und der anderen Freiwilligen aus Goroka, Tanja, im Land der Geisterkrieger. Verena musste los einem Pastor bei einem Gottesdienst mit Taufe, Konfirmation, Konfirmationsjubiläum, Hochzeit und Kirchenwiedereingliederung helfen. Das stramme Programm ist nicht selten, da die abgelegenen Dörfer nicht so häufig von ihren Missionarrys besucht werden und sich die guten Happen für den Tag aufsparen.
Am Sonntag den 21.04.13 sind wir mit dem legendärem Landcruiser den Highland-Highway mit seiner bereits erwähnten Straßenqualität in Richtung Norden höher in die Berge gefahren. Nach einer halben Stunde „guter Straße“ sind wir auf eine Bushroad abgebogen und haben Pastor John einen Neuguinipastor eingesammelt. Mit ihm ging es die Schotterpiste etwas 2 Stunden Weiter in die Berge. Immer höher, immer höher lozte John uns durch die Schlaglöcher, bis kaum noch ein Weg zu erkennen war.
Oben am Dorf wurden wir bereits von der ganzen lutherischen Dorfgemeinschaft erwartet. Die Mamas (Pdg.: ältere Frauen, ehrenwerte Frauen) des Dorfes haben grade das große „Mumu“ (Pdg.: ím Erdofen gegartes Gemüse und Fleisch) in die Familienköbe verteilt. Wir wurden stürmisch begrüßt um von vielen Fremden umarmt. Eine witzige, oder nicht witzige Art der Neuguinis ist, dass wenn einen eine alte Mama umarmt, sie meisten einem voll an den Hintern fasst, um zu fühlen wie man so bebaut ist und bei Mädchen, oder Frauen wird gleich der Bauch befühlt, ob schwanger, oder nicht. In den frühen Jahren der Highlandmission wurde den Männern auch ans Gemächt gefasst, weil man durch die Hosen ja nicht wusste wen man hier vor sich hatte. Wilde Sitten!
Die Männer bauen einen Mumu-Hügel
Unsere Begrüßung war herzlich und alle haben sich sehr gefreut, dass wir Freiwilligen mitgekommen sind. Das Dorf liegt eingekuschelt zwischen hohen Bergen auf einer Landnase, die in ein bewaldetes Tal hereinragt. An den Berghängen sind große Gemüsefelder mit Kohl, Karotten, Kaukau (Pdg.: Süßkartoffeln) und viel Neuguinigemüse.
Meine kleine Digitalkamera war der Hit, alle wichtigen und unwichtigen Männer und Familien haben sich fotografieren lasen, während wir die Vorbereitungen des Endlosgottesdienstes abgewartet haben.
Die Dorfjugend bettelt drum fotografiert zu werden
Neuguinis können gut warten und auf dem Dorf hat man noch mehr zeit als irgendwo sonst. So kann man pünktlich eine bis zwei Stunden nach der Zeit anfangen. Wir haben die zwei Stunden gewartet. Bis die Frauen das Mumu direkt neben der Freilichtkirche eingeräumt hatten und alles mit Bananenblättern und Erde überdeckt war. Dann noch den Altar aus der kleinen Kirche holen und planen und weitere Bananenblätter als Sitzgelegenheit verteilen.
Dann konnte es losgehen. Mit Gitarren und einer „Kundu“ (Pdg.: neuguinische, traditionelle Trommel) begleitet wurden erst mal ein paar Lieder gesungen, um die Gemeinde auf Kirche einzustimmen. Das finde ich eigentlich eine Schöne Sitte! Man kommt in die Kirche und es wird gesungen und man kann sich in ruhe hinsetzten und mitsingen und den Alltag ausblenden.
Dann wurden die neuen Pastoren und Freiwilligen kurz vorgestellt und die Zeremonie zur Wiedereingliederung von fünf Gemeindemitgliedern startete, gefolgt von zwei Hochzeiten.
Gottesdienst bei Nieselregen
Im Trausegen heißt es: Verbunden in Art des Dorfes und nun vor Gott. Es wird erst mit dem Dorf eine Hochzeit gefeiert, sozusagen standesamtlich und dann in der Kirche wenn es passt. Kann aber auch heißen, dass die Braut von ihrem speziellem Freund hinter den Busch gezogen wurde und ein Kind erwartet wird und sie nun heiraten müssen damit sie das Kind behalten kann und nicht an entfernte Verwandte abgeben muss, damit der Haussegen wieder grade hängt. Gibt beides und jede Abstufung zwischen den beiden Möglichkeiten.
Hier war es wohl alles in Ordnung und es wurde fröhlich gehochzeitet, dann noch schnell elf Kinder Taufen und die Konfirmation von drei Jugendlichen und das Konfirmationsjubiläum von zwei alten Mamas feiern.
Dann war der Gottesdienst fast zu ende, aber die Freiwilligen mussten sich noch vorstellen. Wer man ist, woher man kommt, wie groß die Familie ist (Das ist wichtig, damit Neuguinis den Wert einer Person abschätzen können.), wie lange man in Neuguinea ist und wann man nach Hause fliegt und am besten ist man noch über froh in diesem schönem und fröhlichem Dorf zu sein.
Dann wurden wir drei Weiße kaum noch losgelassen. Erst waren wir nur weiße, die zu Besuch kamen und dazu Pidgen sprechen konnten, dann auch noch Freiwillige, die sind hier gerne gesehen. Wir bekamen Gemüse und Obst geschenkt und wurden wie Selbstverständlich zum großem Mumu eingeladen.
Mir wurde der Trubel etwas zu viel und habe dann mit den Männern des Dorfes geplaudert und mich nach den Feuermethoden erkundigt, als alter Pfadfinder musste das sein.
Feuermachen wie for tausenden von Jahren
Hier benutzt man einen gespaltenen Stock und eine Bambusschnur die man wie eine Bandsäge daran reibt. Gebettet auf Zunder macht diese Methode nach einer Minute schon eine Glut die reicht um Feuer oder Zigaretten anzuzünden. Ich durfte auch probieren. Ich brauchte zwei Bambusschnüre, aber dann hatte ich auch nach erstaunlicherweise kurzer Zeit meine Glut. Das „Feuerzeug“ durfte ich behalten, wenn mir mal die Streichhölzer zu Hause in Goroka ausgehen sollten und der Gasherd nicht angeht, dann sollte ich das machen. Nett diese Neuguinis!
Dann ging ich noch bis zum großen Schlemmen im Dorf herum. Tanja wollte mir da folgen, aber sie wurde von Frauen zurück gehalten. Frauen sollten beim Essen bleiben und Geschichten erzählen. „ Yu stori!“ (Pdg.: Du erzählst.) Heißt es dann immer. Hier sind die Geschlechterrollen sehr klar verteilt! Frauen kochen, Männer machen Feuerholz, Frauenwaschen stromabwärts, Männer waschen Stromaufwärts, Kinder werden von Frauen erzogen bis 6 dann kommen sie ins Haus-Man oder Haus-Merie, wo sie sie Tradition, Jagdmethoden, Geschichten, Verhaltensweisen, Gesetze und Gebräuche des Stammes lernen.
Akker, Felder, Anbauflächen
Während der Tour bekam ich weiteres Gemüse geschenkt und sah die Riesigen Gärten des Dorfes. Selbst wenn andere Hungern hat dieses Dorf immer zu essen, da sie die größten Gärten haben, die ich in PNG je gesehen habe. Sie bauen nicht nur zum Eigenbedarf an, sondern exportieren auch an die Küste. An der Küste gibt es sehr begrenzt Gemüse, da der Boden zu sandig ist. Deshalb Exportiren die Highlands Gemüse an die Küste und verkaufen es dort teuer. Wenn in Goroka eine Karotte 10Teua kostet (3,75 €-Cent) dann kostet sie an der Küste 50Teua. Die Gewinnmaschen sind enorm bis zu mehreren hundert Prozent.
Dann wurde ich zum essen geholt. Mumu ist viel Kumu! (Mumu= gegahrtes Gemüse und Fleisch aus dem Erdofen, Kumu= Blatt- Gemüse jeder Art Brokoliblätter, Kürbisblätter, …) Wir als Missionare bekamen die Königsgäste Portion. Gastfreundschaft ist hier sehr Wichtig! Auch wenn man das Essen nicht aufessen kann, was gar nicht erwartet wird, bekommt man eine enorme Portion, die man am Ende weiter verschenkt. Ein sehr leckeres Mumu, mit Hühnchen und Schweineschwarte und gebackenen Bananen, Kockbananen, Kaukau und Kumu. Das Mumu kann auch schlechter sein, wenn das Fleisch von alten Hühnern kommt und sich wie eine Schuhsole isst und das Gemüse nicht gewürzt ist. Hier wurde mit Kokosmilch und Ingwer gewürzt und alles war sehr lecker.

Sehr viel zu Essen
Dann mussten wir bald wieder los, weil es schon später Nachmittag war. Ich hatte es gar nicht bemerkt, denn es war bewölkt. Zum abschied gab es wieder Gemüse und eine tolle Holzschale und ich bekam ein Bilum und eine Kap in Dorffarben ( Bilum= Umhängetasche). Dann stiegen noch 15 weitere Neuguinis in unseren Zehnsitzer-Landcriuser und so kuschlig überladen ging es die Berge hinunter.

Die Mudman habe ich heute nicht gesehen, aber es sind ja auch Geister, die nur gegen Geld oder auf der famosen Gorokashow auftreten (Bilder von ihnen im Blog bei der Gorokashow). Trotzdem toller Tag und wieder was fürs Leben gelernt!


Viel Gemüse, Dorffrauen und ich



Donnerstag, 18. April 2013

Paps Lebensgeschichte

Die Geschichte meines Mitbewohners

Seit ungefähr einem Monat wohnt immer für zwei Wochen mal und mal nicht ein weiterer Neuguini in unserem Haus. Er heißt eigentlich Ben, wird von uns aber Pasp genannt, weil er viel älter ist und schon erwachsene Kinder hat.
Immer wenn ich mit Ben beim Abendessen rede, läd´ er mich zu sich ins Makam-Valley ein. Dort war ich noch nie und so viele Küstendörfer werde ich nicht mehr sehen. Also gute Gelegenheit!
Er erzählt dann von tollen Sachen. Vom Kochen in Steinguttöpfen, einzigartig für PNG, von dem vielem Chilli im Essen, einzigartig auch in Makam, und von der Natur!
Von straußengroßen Vögeln, deren Eier man auf Bushtripps ausgraben kann und Omelett für vier, normale Personen aus einem Ei machen kann, Neuguinis essen wahrscheinlich eines allein. :) Oder er erzählt von der Jagt auf die kleinen süßen Baumkängurus. Denn die Kirche seines Dorfes hat mal von einem Mann Patronen und ein Gewehr geschenkt bekommen, damit sie immer gut „Abus“(Pdg.: = alle Tiere außer Vögel und Schweine) haben können.
Bei so einer Geschichte hat er mir seine Karriere zum Verkäufer bei Roy erzählt. Roy ist der Aussi, der auf dem MI-Compound wohnt und seine Solarlösungen in Goroka verkauft, zum Teil deutsche Wertarbeit.
Aber Paps hat nicht immer bei Roy gearbeitet. Alles begann in seinem Dorf im Makam.
Ben war ein richtiger „Manki bilong Ples“, ein Dorfjunge, der seinen Garten hatte und jeden Tag mit seinem Bushknive darin herumwühlte. Er hat die Schule nach der achten Klasse verlassen, um Subsistenzwirtschaft zu betreiben und um zu heiraten. Dann hatte er Frau und Kinder und war an seinen Garten gebunden. Seine Freunde sind noch weiter zur Schule gegangen und haben immer gefragt, ob er nicht auch irgendwas kaufmännisches lernen möchte, da es in seiner Nähe so eine Art berufliche Schule gab und der Schulleiter ihn kannte. Aber Ben hat geglaubt sein Leben wäre nun fast um mit Kindern und Frau und er hatte ja auch seinen Garten...
Doch mit der Zeit sah er auch immer neidischer zu seinen Freunden, da sie Handys hatten und zur Schule gingen, um später Geld zu verdienen. Und eines Abens traf er den Schulleiter bei seinem Garten, der ihn fragte, ob er nicht zur Schule gehen könnte, er müsste das Schulgeld auch erst später bezahlen, aber Ben war mit seinem Leben zu festgefahren und hat sich damit herausgeredet, das er kein Geld hatte. Der Schulleiter ließ nicht locker und hat ihn dann auf blauen Dunst eingeschrieben. Damit Ben es sich überlegen konnte.
Zu Hause hat Ben mit seiner Familie gesprochen. Seine Frau hatte wohl nur gewartet bis er das Thema anschneidet und ihn gedrängt das zu tun, aber Ben war noch zu stolz und zu stur, er hatte ja noch den Garten. Sein fünfjähriger Sohn bekam das mit und hat dann mit der Hilfe der Mutter versucht das Schulgeld für Ben zu besorgen. Die Mutter hat den Garten erweitert und Erdnüsse gepflanzt um diese dann auf dem Markt zu verkaufen und der kleine Ben Junior ist mit einem Beutel voll Betelnüssen (Pdg.:Buai) durch Dorf gezogen und hat sie verkauft, damit sein Vater zur Schule gehen kann. Zusammen haben Mutter und Sohn das Geld zusammen bekommen und Ben dann zur Schule geschickt. Man könnte jetzt denken, dass Ben sich sehr angestrengt hat, um die beiden nicht zu beschämen, aber er war wohl ein fauler Schüler. Das hat er mir auch so erzählt. Später habe er dann durch viel abschreiben und schummeln den Kaufmännischen Abschluss gemacht und hat eine Position in Lae in einem kleinem Supermarkt als Regaleinräumer gefunden. Diese Arbeit hat er gut gemacht, denn bald wurde er zum Kassierer befördert und konnte sich ein kleines Haus in Lae leisten und hat seine Familie nachgeholt. Dann ist er mit ihnen erst mal einkaufen gefahren und hat säckeweise Reis und Dosenfleisch und Thunfisch eingekauft, wie das Neuguinis in der Stadt so machen. Denn „Protein“ wir immer gegessen, sonst ist das Essen nicht genießbar, egal wie billig der Thunfisch oder das Fleisch ist. Vielleicht auch, weil die Dorfneuguinis immer für Protein schuften müssen und nun in der Stadt alles bereit steht.
Seiner Frau gefiel es in der Stadt trotz des Komforts nicht gut und sie ist mit den Kindern wieder ins Dorfhaus gezogen. Lae ist nachts nicht sicher.
Ben sollte dann weiter in ein Büro versetzt werden, weil er so gute Umsätze machte, aber da hat er gekündigt und ist zum nächsten Supermarkt gezogen. Da hat es ihn auch nicht lange gehalten, wegen des Arbeitsklimas. Er arbeitete nun bei der Konkurenz.
Er ist dann wieder ins Dorf gezogen und hat eine Weile nichts gemacht, bis das Geld weg war. Dann hat er wieder im Garten gearbeitet und wurde zur Jugedarbeit in der Kirche abgestellt.
Da konnte er sich schon ganz gut verwirklichen. Er hat Gitarren für die Kirche gekauft und den Jungs vom Dorf Spielen beigebracht. Dann wurde er fast einstimmig zum Finanzchef der Dorfkirche und Später Bezirkskirche gewählt. Dort hat er die Kirchen renoviert so gut es ging und ein Pastorenbüro eingerichtet und einen Kirchenshop in seinem Dorf aufgezogen.
Makam liegt geografisch Zwischen Lae und Goroka direkt am Highway. Die nächste große Stadt ist Madang an der Küste Und dazwischen wieder der Highway und das Ramutahl. Roy unser Solarfachmann hat eine Zeit lang für den Ramu-Sugar-Konzern Solaranlagen installiert. Da sind sich Roy und Ben über den Weg gelaufen und haben beschlossen Ben sollte wieder ins Kaufmannsgeschäft einsteigen. Seit dem ist Ben Springer für den alten Roy, der nicht überall sein kann und Ben pendelt zwischen seinem Dorf; Goroka und weiß Gott wo.
Die Geschichte hat einen Abend gut gefüllt, dann habe ich mal nach seiner Familie gefragt.
Seine Frau arbeitet nun allein im Garten, den sie zuvor zu Zweit bestellt haben und seine Kinder gehen nicht zur Schule.
Da habe ich ihn ausgezählt, das es so nicht geht. Seine Frau zusammen mit seinem Sohn haben ihm das Leben als Kaufmann ermöglicht und den relativen Wohlstand verursacht, aber er kümmert sich nur wenn er da ist und schickt nicht mal Geld nach Hause. Paps hat dann gesagt das Schulgeld zu teuer ist. Dabei ist das nur ein Projektgeld um das Material zu zahlen und 20 Kina im Monat tun nicht weh. Das Schulgeld wurde Anfang letztem Jahres vom Minister abgeschafft. Ich habe ihm geraten er solle einen Bankaccout für seine Frau einrichten und Haushaltsgeld überweisen statt es zu verrauchen, Bauai zu kaufen und zu Saufen. Das sei nicht christlich und schon gar kein gutes Vorbild für seine geliebte Dorfjugend. Martin Luther hätte das nicht gemacht, der stände ewig in der Schuld seiner Kinder. Dass der gute Luther sich gegen den Wunsch seines Vaters entschieden hat und deswegen kein Geld zum Studieren mehr bekam und Mönch wurde habe ich ihm nicht gesagt...
Paps fiel es wie Schuppen von den Augen und er war ganz traurig und hat versprochen, dass sich etwas ändert. Mal sehen was kommt.

Man darf sich hier in Neuguinea keine so große Visionen von einem Wort machen, da es nichts gilt, ähnlich wie ein Vertrag. Aber den Versuch ist es wert. Vielleicht gehen seine Kinder nächstes Jahr zur Schule. Und Luther kann weiter im Grab schlafen.

Soweit eine ware Geschichten aus Neuguinea.